Einigermaßen bald werde ich 27. Das wurde mir allerdings erst gerade jetzt beim Schreiben klar. Also scheine ich kein Problem mit dieser Zahl zu haben. Für viele gelte ich wohl immer noch als jung. Doch manchmal gibt es Momente, wo ich mich schon richtig alt und überholt fühle. So wie neulich.
Hunger – ja. Zeit, Lust und Zutaten zum Kochen – nein. Also düst Papa schnell zu einem sehr beliebten Anbieter, der einen mit schnellem Essen versorgt. Stichwort – Schachtlwirt. Angesichts der Kombination aus erster Schulwoche und Mittagszeit keine gute Idee, aber was solls. Nach dem Bestellen warte ich und starre wie immer abwechselnd auf mein Handy und den großen Bildschirm mit den fertigen Bestellungen. In meiner Hand das wertvolle Dokument mit der Nummer 19. Yay, wir sind schon bei 17!
Eine halbe Schulklasse bestehend aus etwa 10-jährigen Jungs und Mädels hatte sich über das ganze Restaurant verteilt. Plötzlich, helle Aufregung! Ein Junge springt mit seinem Freund aufgeregt herum und zeigt auf sein Handy. Was genau der Grund für die Action war, weiß ich bis heute nicht. Anscheinend hat er ein extrem seltenes Tier oder Wesen bei einem Spiel (zugelost) bekommen. Nein, Pokémon war es nicht, das hätte ich doch noch erkannt. Ohne zu wissen, worum es geht, werde ich offenbar Zeuge eines wahren Weltwunders. Der Junge zieht mit seinem Freund durchs Lokal und zeigt einem Klassenkameraden nach dem anderen sein Handy. Erstaunte, ungläubige und ehrfürchtige Gesichter zollen dem Glückpilz Tribut für seinen Erfolg.
Lieber Freund, halte den Moment doch lieber mit einem Abbild deines aktuellen Handy-Bildschirms fest.
Oder kurz gesagt: DIGGA, SCREENHOTEN!
Merke, schöne Erinnerungen soll man festhalten
Als alle abgeklappert waren, gingen die beiden zurück. Immer noch vollkommen aufgeregt hat der Freund einen Ratschlag für den Gewinner. So eine Erinnerung gehört natürlich festgehalten! Das gab er ihm mit den Worten „DIGGA, SCREENSHOTEN!!“ zu verstehen. Digga. Screenshoten. Also „Lieber Freund, halte den Moment doch lieber mit einem Abbild deines aktuellen Handy-Bildschirms fest.“ Ich stand baff da und hätte beinahe den Aufruf für die Nummer 19 verpasst. Lilly wollte ich auch gleich davon erzählen und habe ihr die kryptische Nachricht „Digga, screenshoten“ geschickt. Damit ich es nicht vergesse. Aber wie sollte ich das vergessen?
Der Papa wird tatsächlich nicht jünger
Da war er also. Der erste Moment, wo mir klar wurde, wie weit ich mittlerweile von solchen Dingen weg bin. Wie weit ich von der „Jugend“ weg bin. Nicht nur, dass ich das Handyspiel nicht kannte. Vor allem dieser Digga-Ausspruch macht mich irgendwie fertig. Habe gedacht mit ein bisschen VONG wäre ich noch am Puls der Zeit. Also so i bims 1 Papa vong Bb haven her. Dem ist scheinbar nicht so. Irgendwann kommt halt jeder in ein Alter, wo der Versuch „hipp“ oder „krass“ zu sein, einem Sprung in eine riesige Fettnäpfchen-Pool-Landschaft gleicht.
Von jungen Profi-Fußballern und dem Kater meines Lebens
Andere Momente, die mir das Älterwerden klargemacht haben, gab es schon hin und wieder. Der erste war beim Fußball. Jahrelang waren die ganzen Profispieler große Männer, zu denen ich aufsehen konnte. Erwachsene eben, und ich noch ein Kind. Doch dann kamen die ersten Spieler, die nur mehr knapp älter waren. Schließlich waren die ersten tatsächlich jünger als ich. Keine Ahnung, wie es anderen damit geht, aber für mich war das schon ein eigenartiger Moment. Aber hey, mittlerweile kann ich mich darüber aufregen, „was die jungen Buam da schon wieder zusammenspielen?!“. Hat auch seinen Reiz.
Zu guter Letzt gab es noch (vor mittlerweile langer Zeit) einen klassichen „ich bin zu alt für diesen Scheiß“-Moment. Bis heute weiß ich nicht, wie ich meinen letzten richtigen Kater überstanden habe. Bis in die frühen Morgenstunden waren wir unterwegs. Dann lange geschlafen. Irgendwann spät am Abend saß ich wie ein Häufchen Elend da und kämpfte einen großen Kampf mit einem Cheeseburger. Nicht nur das Eichhörnchen ernährt sich mühsam. Auch ein völlig verkaterter Papa, der zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal ahnen konnte, dass er mal Papa wird. Beim Gedanken an diesen Kater wird mir heute noch schlecht. Brrrrr.
Ich werde also echt nicht jünger. Aber das ist absolut in Ordnung. Wie beim Leben mit Baby sind vielleicht einige Dinge nicht mehr möglich. Dafür kommen wunderschöne, neue Erlebnisse dazu. Steuererklärungen, senile Bettflucht, kleine Wehwehchen hi und da oder man kommt mir der aktuellen Jugendsprache nicht mehr mit. In diesem Sinne, frohes Altwerden!
Nachsatz: Aktenzeichen XY ungelöst – Handyspiel-Edition
Liebe Mamas und Papas da draußen. Hat jemand von euch eine Idee, was für ein Spiel das gewesen sein könnte? Es scheint darum zu gehen, irgendwelche Tiere bzw. Wesen zu sammeln. Wie gesagt, Pokémon war es nicht. Würde mich echt interessieren. Sachdienliche Hinweise können gerne als Kommentar oder Nachricht hinterlassen werden. Vielen Dank!
Ich bin zwar kein Papa und habe auch keinerlei nützliche Hinweise zu diesem ominösen Spiel…
Aber ich wollte mal loswerden, dass es mir mit den Fußballspielern genauso geht, auch schon bevor ich Mama wurde!!
LG Vivi, 28
Trotzdem vielen Dank für den Kommentar. Irgendwann werden wir diesem Spiel noch auf die Schliche kommen! In diesem Sinne „Digga, sreenshotten!“ :)